Auf der Photokina 2016 (Teil 2)

Hier kommt Teil 2 meines kleinen Berichts zur Photokina in Köln, mit einigen Eindrücken von der Messe und gezeigten Produkten sowie der allgemeinen Stimmung.

Im ersten Teil habe ich mir einige Fototaschen und -Rucksäcke angeschaut bei den Herstellern F-Stop, Ona, Barber Shop, Compagnon, Think Tank Photo, Peak Design und Lowepro. Dann ging es zu Fujifilm, Tokina, Samyang, GoPro, Panasonic und foolography. Schließlich war ich dann nach bei Saal Digital, Cewe Color und dem dpunkt Verlag. Im zweiten Teil geht es nun zuerst den großen Kameraherstellern.

Ich habe den Eindruck, dass sich Nikon dieses Jahr auf der Photokina etwas schwer tut. Natürlich hat Nikon mit D500, D750 und D5 einige gute Kameras im Sortiment, aber die sind weder brandneu noch wahnsinnig innovativ. Die neue Einsteiger-DSLR D3400 ist nicht besonders spannend und ihre Snapbridge-Implementierung (nur Bluetooth) finde ich nicht besonders gelungen. Warum baut Nikon nicht einfach richtiges WLAN in die Kameras ein?

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Zum Thema Mirrorless-System war bei Nikon auch nicht viel los. Ich persönlich halte das 1“-CX-System mit seinem Achtelformat für einen Irrweg. Jemand, der sich eine Systemkamera mit Wechselobjektiven zulegt, will einen größeren Sensor mit etwas Freistellungspotential haben. Da hat Nikon nur seine altbekannten DSLRs zu bieten und kann nicht annähernd mit den anderen Mirrorless-Systeme mithalten.

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Die Nikon Keymission-Actioncams haben mich auch nicht besonders angesprochen, auch weil sie nur JPG und kein RAW unterstützen. Innovativ wären die kleinen Kameras der DL-Reihe gewesen, insbesondere die DL 18-50 mit ihrem Ultraweitwinkelzoom. Aber die wurden überhaupt nicht gezeigt, obwohl sie schon im Februar vorgestellt worden sind. Der Marktstart ist auf unbestimmte Zeit verschoben, auf Nachfrage sagte man mir, dass es Probleme mit dem Bildprozessor gibt. Schade.

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Für die Fotografen, denen es nichts ausmacht etwas mehr Ausrüstung zu tragen, kann das neue Nikon 105mm f/1.4 interessant sein. Dieses Objektiv mit enormen Freistellungspotential wird bei Nikon wahrscheinlich eine ähnliche Rolle übernehmen wie bei Canon das 85mm f/1.2. Für Portrait- und Fashion-Fotografen ist das sicher eine tolle Sache.

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Auch bei Canon konnte ich mich nicht so recht begeistern. Ich muss zwar sagen, dass die 5D Mk IV eine gute Kamera ist, aber letztendlich ist sie nur eine Neuauflage eines altbekannten Konzepts. Warum baut Canon kein Klappdisplay ein? Andere Hersteller schaffen das auch ohne Nachteile bei Robustheit und Wetterschutz. Immerhin wird die neue 5D zumindest mit WLAN und GPS ausgeliefert. Zudem klingt die Dual-Pixel-RAW-Technik recht interessant, hier spielt Canon den Vorteil aus, eine eigene Sensorentwicklung zu haben. Inzwischen sollte der Dynamikumfang der Canon-Sensoren den Rückstand gegenüber den Sony-Sensoren auch etwas aufgeholt haben.

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Die Canon 5D IV bleibt allerdings ein recht kostspieliges Update mit einem Preis von 4065 Euro. Überhaupt kommen mir die Preise von Canon ziemlich selbstbewusst vor. Das neue EF 16-35 f/2.8 III kostet 2625 Euro, das ist sicher auch kein Schnäppchen. Außerdem gibt es ein neues EF 24-105/4 II, das wie bei den anderen Neuauflagen auch etwas an Größe und Gewicht zulegt (es ist tatsächlich etwas größer als das 24-70/2.8). Ich habe den Eindruck, dass Canon in den letzten Jahr aber nur L-Objektive aktualisiert. Die Non-L Festbrennweiten wie z.B. 50/1.4 und 28/1.8 sind Jahrzehnte alt, dringend überholungsbedürftig, aber hier geschieht leider nichts.

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Reden wir über Canon’s Mirrorless-System und die Messeneuheit EOS-M5. Sie ist mit Abstand die beste Mirrorless-Kamera, die Canon bisher herausgebracht hat. Allerdings zeigt das nur, wie schlecht die Vorgängermodelle waren. Die EOS-M5 stellt nun eine solide APS-C-Mirrorless-Kamera dar mit ordentlichen Funktionen und guten Bedienmöglichkeiten. Aber das können andere Hersteller auch, schon seit Jahren. Warum sollte ich mir die Canon-Kamera kaufen und nicht eher eine Fujifilm X-T2 oder eine Sony A6300? Das Objektivangebot überzeugt da jedenfalls nicht, auch wenn ich die EF-M-Objektive 11-22, 15-45 und 22mm wegen ihrer Kompaktheit mag. Es fehlen aber ganz klar lichtstarke EF-M-Objektive, nur mit Consumer-Zooms wird Canon hier nicht erfolgreich werden. Aber wahrscheinlich ist genau das der Punkt und Canon will gar nicht mit dem Mirrorless-System erfolgreich sein sondern lieber weiter auf seine DSLRs setzen.

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Leica, der Edel-Nischen-Hersteller, hat tatsächlich etwas Innovatives zu bieten. Sie haben mit dem SL-System das einzige Kleinbild-Mirrorless-System neben dem Sony-A7-System am Start. Es gibt allerdings einen deutlich Unterschied und das sind die Abmessungen. Die SL-Kamera ist wirklich sperrig und die SL-Objektive sind, das kann ich nicht anders sagen, sie sind riesige Klötze. Eine Leica SL fühlt sich größer und schwerer in der Hand an als eine Canon 5D, sogar als eine Hasselblad X1D. Dabei ist es doch gerade der Clou bei Mirrorless-Systemen, eine kompaktere Ausrüstung zu haben und nicht so viel schleppen zu müssen. Da hilft auch nicht der großartige elektronische Sucher, das System ist nicht auf dem richtigen Weg. Das ist umso mehr schade bei Leica, wo sie doch mit dem M-System eigentlich wissen sollten, wie eine kompakte Lösung für ein System aussehen kann.

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Außerdem zeigt Leica in Halle 1 einige Bilderausstellungen, von Instax-Sofortbildern aus ihrer neuen Sofort-Kameras bis hin zu hochwertigen Bilderserien. Einzig ein Künstler fällt aus dem Rahmen und das ist Bruce Gilden. Auch wenn er Magnum-Mitglied ist, ich finde es schrecklich was er macht. Leute auf der Straße mit einem Blitz ins Gesicht zu springen und sie möglichst unvorteilhaft darzustellen, das ist das Letzte, finde ich.

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Aber es gibt auch schöne und künstlerisch wertvolle Bilderserien und ich finde es klasse, dass Leica nun wieder die ganze Halle 1 auf der Photokina zu einer Halle für Bilderausstellungen verwendet. Schließlich sollten auf einer Fotomesse auch Bilder angemessen präsentiert werden.

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Sony leistet sich ja den Luxus zwei verschiedene Systeme anzubieten (A-Mount und E-Mount). Eigentlich sind es sogar vier verschiedene Systeme (jeweils APS-C und Kleinbild). Während das E-Mount in letzter Zeit viele Neuheiten bot, sah es beim A-Mount eher düster aus. Zuletzt schrieb ich, dass System wäre quasi tot, denn so schien es auch. Tatsächlich gibt Sony nun ein einigermaßen kräftiges Lebenszeichen in Form der A99II. Die Kamera lässt sich recht gut beschreiben als eine A7RII im DSLR-Gehäuse. Alle A-Mount- und ehemaligen Minolta-Nutzer werden sich sicher darüber freuen. Dennoch bleibe ich mittelfristig bei der Prognose, dass das A-Mount keine Zukunft hat. Zu groß ist der Erfolg des E-Mount und die Vorteile, die es bietet.

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Beim E-Mount hat Sony auf der Messe tatsächlich nichts Neues zu bieten. Keine A7III, keine neuen Objektive. Fairerweise muss man aber sagen, dass es hier in der letzten Zeit sehr viele Neuheiten gab. Dazu kam das Kumamoto-Erdbeben, dass die Haupt-Fertigungsanlage für Bildsensoren erheblich beschädigt hat. Die A7RII, obwohl sie schon ein gutes Jahr auf dem Markt ist, ist derzeit praktisch nicht lieferbar und überall ausverkauft. Andere Kameras mit dem begehrten 42MP-Bildsensor sind auch kaum zu bekommen (die RX1RII hat eine sehr starke Preiserhöhung hinter sich, ist ebenfalls kaum lieferbar, und eine mögliche Nikon D820 ist bis heute nicht erschienen). Ich hoffe nur, dass Sony nach den zuletzt sehr großen und schweren GM FE-Objektiven demnächst noch ein paar weitere kleine handliche FE-Objektive vorstellt.

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Zeiss hat ja mit der Batis-Serie (mit Autofokus) und der Loxia-Serie (ohne Autofokus) auch einige schöne FE-Objektive im Angebot. Die Loxia-Objektive sind alle recht kompakt gehalten und haben einen einheitlichen Filterdurchmesser von 52mm. Allerdings ist das neue Loxia 85mm f/2.4 doch etwas überraschend lang ausgefallen, was die Abmessungen angeht. Ich hoffe, dass in ein paar Monaten noch ein Batis-Objektiv im Telebereich folgt.

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Voigtländer bietet auch einige FE-Objektive an und zwar drei Ultraweitwinkel-Objektive. Insbesondere das kleine kompakte Hyperwide-Heliar 10mm lässt das Herz jedes Ultraweitwinkel-Fans höher schlagen. Aber auch die 12mm und 15mm Objektive sind sicher interessant. Demnächst folgt noch ein FE 65mm f/2 mit 1:2-Makrofunktion, was auf der Messe als Prototyp gezeigt wird.

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Relativ neu am Markt ist die Firma Venus Optics mit ihren Laowa Objektiven. Ihre Messeneuheit ist ein 15mm f/2.0 Objektiv, das direkt als FE-Objektiv entwickelt wurde und so vom kurzen Auflagemaß profitiert. Auch wenn es ein komplett manuelles Objektiv ist, halte ich es für ziemlich gelungen. Das zweite Foto mit dem Schildchen und dem unscharfen Hintergrund habe ich mit dem Objektiv aufgenommen.

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Von Laowa gibt es noch ein anderes Objektiv, das auch Ultraweitwinkel und Lichtstärke bietet, und zwar das 12mm f/2.8. Es wird mit Canon-, Nikon- und Sony-Anschluss angeboten. Das bedeutet es wurde für ein längeres Auflagemaß konstruiert, was man auch an den Abmessungen merkt. Um den nächtlichen Sternenhimmel zu fotografieren ist es bestimmt gut geeignet. Das Vergleichsbild zeigt links das 12mm und an der Kamera das 15mm Objektiv. Das zweite Bild mit dem Messestand habe ich mit dem 12mm Objektiv aufgenommen. (Tipp: Eine ständig aktualisierte Übersicht aller FE-Objektive aller Anbieter findet ihr hier).

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Beim Stativhersteller Gitzo habe ich auch vorbeigeschaut. Wie heisst es so schön? Kameras kommen und gehen, aber ein Stativ bleibt. Ich mag die Reisestative aus der Traveler-Serie von Gitzo. Die Ocean-Sonderserie gibt es inzwischen nicht mehr und die Traveler-Serie wurde in einer neuen Version neu aufgelegt. An den Stativen selbst gab es nicht viel zu verbessern aber der neue Stativkopf gefällt mir nun deutlich besser. Zudem gibt es jetzt auch standardmäßig eine Arca-Swiss-kompatible Basis.

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Hasselblad hat mich auf der Photokina überrascht. Früher stand der Markenname für tolle Mittelformatkameras, aber in den letzten Jahren gab es eher negative Schlagzeilen durch Besitzerwechsel und dem Versuch re-brandete Sony-Kameras mit Lederbezügen zu irrwitzigen Preisen an Kunden, vornehmlich im arabischen Raum, zu verkaufen. Zum 75. Geburtstag meldet sich die Marke nun zurück mit einem neuen Mittelformat-Mirrorless-System. Ich muss sagen die X1D Kamera macht einen verdammt guten Eindruck.

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Derzeit sind an XCD-Objektiven angekündigt: ein 30mm f/3.5 (entspricht 24mm), ein 45mm f/3.5 (entspricht 35mm) und ein 90mm f/3.2 (entspricht 75mm). Alle Objektive haben 67mm Filtergewinde und sind für Mittelformat-Verhältnisse ziemlich kompakt. Die Kamera selbst hat mich durch ihr gelungenes Handling positiv überrascht. Sie liegt angenehm in der Hand und ich mag die Bedienelemente. Der elektronische Sucher liefert ein großes hochaufgelöstes Bild. Das rückwärtige Display ist ebenfalls groß und hochaufgelöst, insbesondere hat es eine ziemlich gut ausgeführte Touchfunktion. Die Bedienung ist Smartphone-artig z.B. kann ich mit zwei Finger in das Bild hinein zoomen, per Doppelklick lande ich direkt in der 100% Ansicht. Die Menüpunkte sind übersichtlich und lassen sich auch individuell konfigurieren.

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Die Hasselblad X1D-50C verfügt über den gleichen 50MP Mittelformat-Sensor aus dem Hause Sony, wie ihn auch die ebenfalls neue Mittelformat-Mirrorless-Kamera von Fujifilm verwendet (siehe Teil 1). Preislich liegen auch beide Kameras ähnlich, ein Kit mit Standardobjektiv kostet ungefähr 9000 Euro. Es gibt aber einige Punkte, warum mir die Hasselblad Kamera besser als die Fujifilm gefällt. Zunächst hat man bei Hasselblad Zentralverschluss d.h. alle Belichtungszeiten bis 1/2000s lassen sich mit Blitz verwenden, das ist extrem gut. Nebenbei erwähnt unterstützt der Blitzschuh übrigens Nikon-TTL, aber man wird den Blitz wohl eher manuell einstellen wollen. Außerdem hat die X1D auch WLAN, es gibt eine entsprechende App um die Kamera fernzusteuern und sogar eine GPS-Funktion ist eingebaut. Alles im allem ein sehr gelungenes Konzept. So kompakte Abmessungen in einem eleganten und gut zu bedienenden Gehäuse mit einem Mittelformat-Sensor, das hat es zuvor nicht gegeben.

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Fazit

Sind wir mal ehrlich, die Fotoindustrie ist in der Krise. Niemand kauft heute mehr eine Kompaktkamera, denn jeder kann mit dem Smartphone Bilder aufnehmen. Deren Bildqualität ist inzwischen ziemlich gut, warum sollte man dann noch zusätzlich Geld für ein weiteres Gerät ausgeben? Dieser Fakt trifft die Fotoindustrie recht hart, denn Kompaktkameras waren in den letzten Jahren ein beträchtlicher Umsatzbringer. Eine Kamera muss heute also ordentlich etwas bieten, um ihre Anschaffung zu rechtfertigen. Das kann die Möglichkeit sein, Objektive mit besonderen Brennweiten zu nutzen, oder dass der Bildsensor hohe Auflösungen und Empfindlichkeiten bietet, sowie die Möglichkeit der kreativen Gestaltung durch Unschärfe bei einer gewissen Sensorgröße und Lichtstärke.

Mirrorless-Kameras und insbesondere elektronische Sucher haben sich inzwischen so weit entwickelt, dass eine große DSLR-Kamera nur noch in wenigen speziellen Fällen wirklich notwendig ist. Die beiden Platzhirsche Canon und Nikon wollen das aber noch nicht ganz wahr haben und setzen weiter auf ihre bewährten Konzepte. Während dessen setzen Sony und Fujifilm zum Überholen an, sie bieten inzwischen ausgereifte und ausgebaute Mirrorless-Systeme. Die kleinen Kameras der Mirrorless-Pioniere Panasonic und Olympus erfreuen sich auch gewisser Beliebtheit. Dazu kommen jetzt im Highend-Bereich die beiden Mittelformat-Mirrorless-Angebote Fujifilm GFX und Hasselblad X1D.

Wenn das so weiter geht, werden DSLRs bald nur noch im Profibereich, bei Sport und Wildlife zu sehen sein, während die Masse der Fotoenthusiasten Mirrorless-Kameras mit innovativen Funktionen nutzt… und Amateure sich vermehrt die Anschaffung ganz sparen und mit ihrem Smartphone Urlaubsbilder aufnehmen. Letztendlich muss jeder selbst entscheiden, wie er fotografieren will, welche Bildqualität er benötigt und wieviel Ausrüstung er dafür schleppen möchte. Interessante Angebote und gute Systeme gibt es für alle Anwendungsfälle, dabei spielen DSLRs eine immer kleinere Rolle.

24.09.2016

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