Mirrorless – The good, the bad, the ugly

Fast könnte man meinen digitalen Spiegelreflexkameras seien out. Alles scheint sich in der Fotografie um das neue Segment der Mirrorless Kameras zu drehen. Eine persönliche subjektive Betrachtung der aktuellen Mirrorless Systeme.

Alles Mirrorless oder was? Warum sollte man heute eigentlich überhaupt noch eine große Kamera durch die Gegend schleppen? Warum benutze ich keine Mirrorless sondern eine DSLR? Dafür gibt es hauptsächlich drei Gründe:

1. Sensorgröße

Bei einer DSLR wie der Canon 6D hat der Sensor die volle Größe des Kleinbildformats. Entsprechend gibt es gute Möglichkeiten zur Freistellung und Gestaltung mit Unschärfe. Das Vollformat ist bei Mirrorless noch sehr selten. Es gibt die Sony A7, aber bisher kaum Objektive dafür. Leica M ist auch nicht gerade attraktiv, da es dort keinen Autofokus gibt und ein paar andere Nachteile. Die meisten Mirrorless haben heute Halbformat, also APS-C. Damit kann man sicher auch leben; der Gestaltungsnachteil liegt bei einer Blende gegenüber dem Vollformat. Schließlich gibt es noch mit MicroFourThirds das Viertelformat. Hier hat man einen Gestaltungsnachteil von zwei Blenden. Die Offenblende f/5.6 vom Kitzoom entspricht also einer Offenblende f/11 an einer Kleinbildkamera. Wenn man hier freistellen möchte, muss man einen erheblichen Aufwand treiben – was man bei Objektiven wie dem Panasonic 42,5/1.2 sieht, dass ein Vielfaches von einem Canon 85/1.8 kostet, aber weniger Freistellung bietet.

2. Sucher

Eine DSLR ist deswegen etwas größer, weil sie einen Spiegelkasten hat. Der ist dafür da, damit man im Sucher durch die Linse schauen kann – was ein großer Vorteil ist. Bei einer Mirrorless gibt es so etwas nicht, wie der Name schon sagt. Hier wird – wenn überhaupt ein Sucher verbaut ist – ein elektronische Sucher verwendet. Diese waren bis vor kurzen für die Schärfebeurteilung ziemlich unbrauchbar. Die neusten elektronischen Sucher erreichen nun aber eine brauchbare Qualität. Dennoch ist es etwas anderes als ein DSLR-Sucher, in einigen Fällen gibt es auch Verzögerungen bei der Anzeige im elektronischen Sucher. Das Ganze geht auch ganz schön auf den Stromverbrauch, schließlich muss permanent der Sensor ausgelesen werden. Ohne Ersatzakku kommt man bei einer Mirrorless Kamera nicht weit.

3. Autofokus

Ein großer Nachteil bei Mirrorless ist der Autofokus. Während bei einer DSLR ein Teil des einfallenden Lichts im Spiegelkasten zum Phasen-Autofokus geleitet wird, der Entfernungen und Bewegungen erkennen kann, so ist es bei Mirrorless nur möglich auf dem Sensor den Kontrast-Autofokus zu berechnen, der sich insbesondere bei Bewegungen schwer tut. Die Mirrorless Hersteller haben sich in letzter Zeit Mühe gegeben einzelne Phasen-AF-Felder direkt auf dem Sensor unterzubringen, aber hier gibt es noch einen deutlich Abstand zu DSLRs – insbesondere bei wenig Helligkeit und bei Bewegungen.

Aber natürlich spricht auch einiges für Mirrorless Kameras und eher gegen eine DSLR. Nicht umsonst werden die kleinen Kameras zunehmend populär und die Verkaufszahlen von DSLRs gehen zurück. Nachdem ich einige Erfahrungen mit verschiedenen Mirrorless gesammelt habe, hier ein Blick auf die verschiedenen Systeme am Markt:

Canon

Canon ist mit der EOS-M recht spät in den Markt eingetreten, aber das System sieht recht vielversprechend aus. Halbformat und ein flaches Bajonett (EF-M), drei schöne Linsen (11-22, 18-55 und 22er Pancake), das lässt hoffen. Leider kam dann nichts mehr. Es fehlt eine neue Kamera. Die veraltete EOS-M und auch die in Asien erhältliche EOS-M2 haben keinen Sucher, kein Klappdisplay, schlechten Autofokus… insgesamt zu wenig. Wenn Canon sich dem Mirrorless Segment nicht ganz verschließen will, dann müssten sie hier einige Verbesserungen bringen. Dieses Jahr zur Photokina wäre eine gute Gelegenheit dazu.

Leica

Die Leica M Kameras sind sozusagen von Anfang an Mirrorless gewesen. Dennoch ist Leica nur ein Nischenanbieter. Leica sagt zu den Kameras, sie haben puristisch ‘Das Wesentliche’. Ich sage, sie haben eine eingeschränkte Funktionalität. Kein Autofokus, kein elektronischer Sucher und eine Elektronik, die den Wettbewerbern ein paar Jahre hinterher ist. Besonders kompakt und ergonomisch sind die Kameras auch nicht. Die abgehobene Preisgestaltung macht das System auch nicht attraktiver.

Sony

Sony ist ziemlich ernsthaft im Mirrorless Markt unterwegs. Sie haben das E-Bajonett eingeführt und mit den NEX Halbformatkameras einige Erfolge gefeiert. Nun gibt es mit der A7 auch Vollformatkameras mit E-Bajonett. Für Verwirrung ist auch gesorgt mit den verschiedenen Modellnamen; der Name NEX wurden nun ganz gestrichen. Wie auch immer, ich mag die Sony Mirrorless Kameras – aber ich tue mich mit den Linsen etwas schwer. Ich hatte vor einiger Zeit eine superkompakte NEX-5, aber leider gab es dafür außer dem 16er Pancake keine kompakten Linsen. Stattdessen ging Sony in Richtung hochwertiger und sperriger Zeiss-Festbrennweiten und in Richtung lichtschwacher Consumer-Zooms. Mit den inzwischen zahlreicher gewordenen NEX Objektiven hat sich die Lage nur leicht verbessert. Noch interessanter ist es natürlich mit dem Kleinbild für’s E-Bajonett (FE). Da sieht es aber vom Objektivangebot auch wieder sehr mau aus. Die 35mm Festbrennweite hat nur f/2.8 und das 24-70 nur f/4 – und so recht kompakt ist es auch nicht. Falls Sony mal irgendwann die ‘richtigen’ Linsen anbietet (vielleicht sollten sie mal einen Blick bei Fuji werfen) könnte die A7 sehr interessant werden. Aber das sehe ich zurzeit nicht.

Olympus/Panasonic

Diese beiden Hersteller haben mit dem MicroFourThird System ein etabliertes und breites Angebot am Markt. Es gibt eine Vielzahl an Kameras und eine noch größere Auswahl an Objektiven inklusive sehr kompakten Linsen. Mir hat vor zwei Jahren schon die OM-D recht gut gefallen und inzwischen sind die Kameras noch besser geworden. Das System wäre sehr überzeugend, wenn es nicht den Viertelformatsensor im Format 4:3 hätte. Damit kann ich mich nicht anfreunden, da fehlt mir die Möglichkeit zur kreativen Freistellung beim Fotografieren.

Fujifilm

Das X System von Fuji stellt meiner Meinung nach zurzeit das beste Mirrorless System dar. Mit einem Halbformatsensor und sehr guten Objektiven macht Fujifilm mit dem X-System viel richtig. Für die X100 und ihre Retro-Bedienung konnte ich mich schon ziemlich begeistern und aktuelle Kameras wie die X-M1 und X-E2 bietet gute Ausstattung und noch bessere Bildqualität. Die beiden Standardzooms (18-55 und 16-50) sind ordentlich, aber richtig Spaß machen die hervorragenden Festbrennweiten wie z.B. das 35mm und 14mm. Mit der abgedichteten X-T1 und der speziellen X100s mit Festbrennweite und Zentralverschluss bietet Fujifilm ein recht breites Angebot. Außerdem scheinen sie das System stetig auszubauen, sodass es interessant wird, was hier zur Photokina noch erscheint.

Sonstige

Samsung bietet auch ein Mirrorless System an unter dem Namen NX. Jedoch halte ich Samsung nicht für einen ernsthaften Anbieter von Fotoprodukten und kann mich mit der Ausgestaltung der Produkte nicht anfreunden. Daher würde ich von so einem Nischensystem abraten. Außerdem gibt es noch die Nikon 1 und Pentax Q Systeme. Beide bieten zwar Wechselobjektive, aber bei den Kameras handelt es sich um Kompaktkameras mit entsprechend kleinen Sensoren. Höchstens für Taucher und Schnorchelfans könnte die Nikon 1 AW1 interessant sein.

Fazit

Während Kompaktkameras zunehmend von fotografierenden Smartphones abgelöst werden, bieten die Mirrorless Kameras eine ernst zu nehmende Konkurrenz zu DSLRs. Sie erfreuen sich großer Beliebtheit, weil die Fotoausrüstung so deutlich kompakter und leichter zu transportieren ist. Auch wenn viele Mirrorless Systeme inzwischen ausgereift sind, gibt es immer noch manche Nachteile und sie erreichen nicht die universellen Einsatz- und Gestaltungsmöglichkeiten einer DSLR und den dazugehörigen Systemen und Objektivangeboten. Es gibt aber viele Anwendungsfälle, wo man mit einer Mirrorless gut und auch unauffälliger als mit einer großen DSLR fotografieren kann. Die Entwicklung der verschiedenen Systeme bleibt weiterhin spannend.

06.04.2014

You may also like

One comment

  • Reinhard Becker 08.05.2014   Reply →

    In einem Punkt möchte ich den interssanten Ausführungen wiedersprechen: Autofokus
    Ich besitze eine Canon 5DII und seit 3Jahren auch ein MFT System mit inzwischen 3 Kameras von Panasonic. Während ich bei meiner Canon Ausrüstung seit vielen Jahren mit unerklärlichen AF Ausreissern zu kämpfen habe, kenne ich das von den Panasonics gar nicht. Ich mache keine Action- oder Sportfots, aber durchaus Tiere und auch Bilder mit Bewegung. Dabei setze ich auch bei MFT Objektive mit 1,4 und 1,8 ein, während ich bei der Canon meist mit den 2,8 Zooms arbeite. Der AF bei Panasonic ist sehr zuverlässig und kann praktisch überall im Bildfeld gesetzt werden. Bei der 5dII arbeitet das mittlere Feld mal ja mal nein, die Äusseren je nach Tagesform, aber eher selten… Ich gebe zu, dass der AF bei Canon über die Jahre besser geworden ist, aber als zuverlässig konnte ich ihn bei Lichtsarken Objektiven noch nie bezeichnen 🙁

Leave a comment