Canon EF 100-400mm L IS USM Mk II

Im Juli/August war ich in Afrika unterwegs und habe dabei die zweite Version des beliebten Canon 100-400L verwendet. Es ist meiner Meinung nach das ideal Wildlife-Objektiv, zumindest sofern man kein Supertele schleppen möchte. Hier kommt also meine Betrachtung des Canon 100-400L Mk II.

Andere Objektive

An Tele-Zooms gibt es eine große Auswahl bei Canon. Es gibt die verschiedenen Versionen vom 70-200L. Mein Lieblingsobjektiv ist das 70-200/4L IS, denn das ist sehr gut und außerdem mit 760g sogar leichter als mein 24-70II. Aber es hat nur 200mm. Mehr Brennweite bietet z.B. das Canon 70-300L, das zwar noch einigermaßen kompakt ist, aber immerhin schon 1050g wiegt. Beliebt ist auch das Tamron 70-300VC.

Aber wie sieht es aus, wenn 300mm nicht reichen z.B. bei Wildlife? Dann gibt es die Möglichkeit zu Festbrennweiten zu greifen. Das Canon 400/5.6 ist nicht besonders beliebt, auch weil es recht alt ist und keinen IS hat. Das Canon 400/4DO wurde gerade neu aufgelegt, ist aber schon ziemlich sperrig und liegt mit einem Preis von 6500 Euro wohl außerhalb des Bereiches, den man sich leisten kann oder will. Das neue Canon 400/2.8 liegt mit einem Preis von 10.000 Euro sicherlich auch darüber. Zudem sind Festbrennweiten wenig flexibel.

Tatsächlich gibt es ein Objektiv von Canon, was ganz hervorragend ist. Es ist das EF 200-400/4L IS USM Extender 1.4. Leider wiegt es fast vier Kilo und kostet 11.000 Euro 🙂 Schade, das ist dann wohl auch nichts.

IMG_9920

Das Canon 100-400L

Kein Wunder also, dass sich das 100-400/4.5-5.6 so einer großen Beliebtheit erfreut, gerade bei Wildlife-Fotografen. Es passt noch in die Tasche, es ist noch bezahlbar und es bietet eben 400mm Brennweite bei guter Bildqualität. Die eher mäßige Lichtstärke von 5.6 resultiert aus den Faktoren ‘passt noch in die Tasche’ und ‘bezahlbar’, sonst wäre man ja wieder beim 200-400/4.

Aber das alte 100-400/4.5-5.6 war nun ziemlich in die Jahre gekommen. Der IS ist eine ältere Konstruktion und die generelle Objektivkonstruktion als Schiebezoom fand ich auch nicht besonders überzeugend und etwas kopflastig. Dennoch liefert das alte 100-400L eine gute Bildqualität.

Das neue 100-400L II

Im Winter hat Canon dann den Nachfolger vorstellt. Die Eckdaten sind ungefähr die gleichen geblieben, während man die Konstruktion vom eher seltsamen Schiebezoom auf ein gängiges Drehzoom umgestellt hat. Dazu verfügt das Objektiv nun über einen neuen IS und aktuelle Vergütungen der Linsen.

Das Canon 100-400L II ist 193mm lang und verwendet 77mm Filter. Das Gewicht ist mit 1640g etwas schwerer als der Vorgänger (1380g). Tatsächlich fühlt es sich ziemlich schwer an. Aufgrund der normalen Konstruktion ist es aber nicht mehr so kopflastig, wenn es bei 400mm ganz ausgefahren ist. Immerhin ist das die Position, bei der man das Objektiv wohl viel verwenden wird.

Ganz fantastisch ist die Naheinstellgrenze, die nun bei 98cm liegt. Der Vorgänger hatte noch eine Naheinstellgrenze von 180cm. Die neue Naheinstellgrenze ist sehr nützlich und ermöglicht ein paar tolle Anwendungen.

Die Brennweite von Objektiven wird immer für unendliche Entfernung angegeben. Gerade bei Zoomobjektiven ist die tatsächliche Brennweite im Nahbereich oft effektiv geringer. So kann das 100-400L II bei 400mm auf 98cm fokussieren, die echte Brennweite beträgt in diesem Fall jedoch nur knapp 200mm. Dieses Verhalten ist allerdings normal und auch bei anderen Objektiven üblich.

IMG_9918

Das 100-400L II bringt noch ein paar Gimmicks mit. Die Gegenlichtblende hat jetzt ein kleines Fenster. Das dient dazu, damit man einen Polfilter einstellen kann. Von der Idee her nicht schlecht; aber ich finde es eher störend, weil das Fenster beim rein und raus aus der Tasche oft aufgeht und man es so immer kontrollieren muss. Die Gegenlichtblende hat auch einen Verriegelungsknopf. Den kenne ich schon von meinem 24-70L II. Dort macht der Knopf Sinn, weil die tulpenförmige Blende sonst schwarze Ecke verursacht. Beim 100-400L II besteht die Gefahr aber nicht, auch weil die Gegenlichtblende rund ist. Daher sehe ich nicht so ganz den Nutzen des Verriegelungsknopfs – außer dass man einen Handgriff mehr machen muss, wenn man die umgekehrte Blende entfernt, wenn das Objektiv aus dem Rucksack nimmt.

Ein ganz nützliches Gimmick ist der abschraubbare Stativfuß. Die Stativschelle ist fest am Objektiv, aber der Fuß lässt sich eben abschrauben und ist dann nicht im Weg. Ich hätte mir einen Fuß gewünscht, der direkt Arca-kompatibel ist. Sowas lässt sich aber nachrüsten z.B. mit dem RRS LCF-54 oder noch besser dem Kirk LP-61. Beide waren mir zu teuer, weshalb ich eine normale Stativplatte verwende – auf dem Stativ war das Objektiv eh nur sehr selten.

Schließlich ist noch zu erwähnen, dass es neben dem Zoomring und dem Fokusring einen dritten kleinen etwas versteckten Ring am Objektiv gibt. Damit kann man den Widerstand beim Zoomen einstellen. Das alte 100-400L hatte das auch und brauchte es wegen dem Schiebezoom. Das neue 100-400L II braucht es eigentlich nicht, weil es ein Drehzoom ist. Ich habe die Einstellung meistens auf dem geringsten Widerstand gelassen. Dabei hatte ich keine Probleme, dass das Objektiv von selbst ausgefahren wäre. Vielleicht ändert sich das mit der Zeit, dann könnte ich hier nachjustieren. Positiv ist anzumerken, dass dieser Einstellring nicht im Weg ist und dass man nicht Gefahr läuft ihn versehentlich zu verstellen.

Bildqualität

Jetzt habe ich lange genug zu den technischen Eigenschaften und Gimmicks des Objektivs geschrieben, kommen wir endlich zu der Bildqualität. Die war beim Vorgänger schon ziemlich gut und das neue Objektiv steht dem in Nichts nach. Ich bin mit der Bildqualität absolut zufrieden. Positiv anzumerken ist, dass sich das Bokeh im Vergleich zum Vorgänger deutlich verbessert hat. Natürlich ist es kein perfektes Bokeh wie bei einer lichtstarken Festbrennweite, aber die Charakteristik der Unschärfe ist bei der Neuauflage deutlich weicher und angenehmer geworden. Wer sich mehr für die technische Abbildungsqualität und dem Auflösungsvermögen interessiert, dem empfehle ich den Testartikel bei Photozone. Ich bin mit Bildqualität jedenfalls zufrieden.

Positiv anzumerken ist natürlich noch der Bildstabilisator. Gerade bei einem langen Zoom mit wenig Lichtstärke wird der dringend gebraucht und leistet wichtige Arbeit. Im Canon 100-400L II ist die aktuelle Version des IS eingebaut. Ich habe hautpsächlich Modus 1 benutzt, dabei wird das Objektiv in alle Richtungen stabilisiert. Modus 2 ist dafür da, nur vertikale Bewegungen zu stabilisieren; das braucht man bei Mitziehern. Es gibt noch Modus 3, der nur das Foto und nicht das Sucherbild stabilisiert; das soll für den exakten Bildausschnitt hilfreich sein – ich habe diesen Modus nicht benutzt.

IMG_9921

Jedenfalls will ich hier einfach mal ein paar Bilder sprechen lassen. Hier sind einige Fotos, die ich mit dem 100-400L II und der 5D III aufgenommen habe:

27.09.2015

You may also like

4 comments

  • Heinrich Blüml 24.12.2015   Reply →

    1. Zum alten 100-400 habe ich mal gelesen, dass die wirkliche Brennweite auch bei Unendlich weniger als 400 mm war. Ist das bei der II-er Version besser?
    2. Ich überlege, mein altes 400/5,6 L gegen das 100-400 L II auszutauschen. Man liest oft, dass die Lichtdurchlässigkeit bei Zooms trotz gleicher nomineller Blende schlechter sein soll als bei Festbrennweiten. Würde ich mich also hier verschlechtern?
    Es wäre schön, wenn du mir mit Email auf (…) antworten würdest. Übrigens; deine Fotos haben mich begeistert.
    Danke und frohe Weihnachten
    Heini

    • Martin 24.12.2015   Reply →

      Hallo Heini, (1) die Brennweitenangabe der Hersteller gelten für unendlich, daher werden die Objektive da auch mehr oder weniger echte 400mm haben. Gewissen Rundungsdifferenzen sind durchaus zulässig. (2) Der Wechsel auf das 100-400II wird sich für dich sicher lohnen, es hat viele Vorteile. Die effektive Lichtdurchlässigkeit, also die T-Blende der Objektive ist mir leider nicht bekannt. Viele Grüße und Frohes Fest, Martin

  • Markus 15.06.2016   Reply →

    Super Fotos!

    @Heini:
    Gemäß DXO erreicht das 100-400I einen TStop von 6, wohingegen das neue auf 5,6 kommt.

Leave a comment