Environmental Portraits von David Weimann

Heute gibt es einen Gastbeitrag zu einem sehr interessanten Thema. Es geht um Environmental Portraits, wie sie z.B. in Magazinen verwendet werden. David Weimann berichtet von seinem Fotoalltag und wie er daran geht, solche Fotos zu produzieren. Er beschreibt sowohl die Technik, die dabei im Einsatz ist, als auch wie er mit den Menschen vor der Kamera umgeht. Ich finde die Einblicke, die David dabei gibt, sehr informativ und lehrreich. Los geht’s.

Erstmal vielen Dank an Martin für die Möglichkeit hier einen Beitrag zu dem spannenden Thema Environmental Portrait zu veröffentlichen. Vorab erstmal eine kleine Begriffsklärung. Bei einem Environmental Portrait handelt es sich um eine Aufnahme einer Person in seinem Arbeits- bzw. Lebensumfeld.  Die Person wird hier in einem größeren Kontext dargestellt, wobei der Hintergrund und das Umfeld dem Bild eine weitere Ebene verleiht. Solche Aufnahmen werden von Magazinen und Zeitschriften gerne als Editorial eingesetzt, da dem Betrachter sofort klar wird worum es sich dabei handelt.

Weingut Waldkirch von David Weimann

 

Ich selbst arbeite viel im Businessbereich, und hier insbesondere viel mit Winzern und Köchen. Diese spezielle Art des Portraits bietet meinen Kunden, bei denen es sich in den entsprechenden Szenen selbst um kleine Berühmtheiten handelt, einen gewissen Mehrwert. Es ist so, dass diese Menschen nicht nur Fotos für Webseiten, Flyer und Broschüren benötigen, sondern oft auch von Magazinen und Fachzeitschriften nach entsprechendem Bildmaterial gefragt werden um einen Artikel mit Bildern zu versehen. Und da es für ein Magazin immer mit Mehrkosten verbunden ist selbst einen Fotografen raus zu schicken und es auch kontraproduktiv ist, immer die gleichen Bilder raus zu geben, wird dieses Konzept auch gerne angenommen. Für mich hat das natürlich den zusätzlichen Vorteil, dass meine Arbeiten oft und gerne veröffentlicht werden und ich somit zusätzlich für mich Werbung machen kann.

Ox & Klee von David Weimann

 

Man mag jetzt natürlich argumentieren, das jedes Foto für ein Unternehmen ein Environmental Portrait ist, wenn ich es On Location aufnehme. Aber ich versuche hier durch den Einsatz von mobilen Blitzen dem Ganzen einen anderen, sagen wir, mehr Editorial Charakter zu verleihen. Und hier spielt mir die neue Technik in die Hände. Zwar sind mobile Blitze, wie Broncolor Mobile, oder Elinchrom ELB schon seit einiger Zeit auf dem Markt, doch nachdem die Blitzeköpfe selbst mit einem eigenem Akku versehen wurden (Profoto B1 war, glaube ich, der erste dieser Art), wurde die Sache handlich und auch für nur einen Fotografen ohne Assistenten machbar.

Maxi von David Weimann

 

Eine meiner ersten Anschaffungen dieser Art war das Broncolor Siros L800 Kit, mit 2 leistungsstarken Blitzköpfen. Praktischerweise kommt das Kit in einem Trolley, was mein Gepäck auf meinen Fotokoffer, 2 Stative und den Trolley reduziert. Und diese Mobilität ist für mich essentiell, da ich meist allein unterwegs bin. Ich kann so schon bei der Begehung der Location spontan ein Set errichten und klaube meinem Kunden keine wertvolle Zeit. An mich stellt das die Anforderung ad Hoc entscheiden zu können, wo ich wen, wie in Scene setze. Der Aufbau dauert nur 5 Minuten und auch für das entsprechende Portrait benötige ich selten länger als 10 Minuten. Frei nach Marco Grob, der mal sagte: “Die Aufmerksamkeitsspanne einer Person dauert nur 10 Minuten. In der Zeit sollte das Bild im Kasten sein.”

Johannes Boxheimer von David Weimann

 

Eine weitere Grundvorraussetzung ist, dass ich mich mit der Technik bestens auskenne. Oft gehe ich so vor, dass ich zu erst das Umgebungslicht einmesse und davon dann eine Blende abziehe. Den Blitz bzw. Blitze stelle ich dann so ein, dass ich für die Person eine korrekte Belichtung erziele. Auf diese Art hebe ich mein Objekt vom Hintergrund ab und meine Bilder bekommen die von mir gewünschte Charakteristik. Bei dunklen Locations muss ich abwägen, ob ich die Iso hochziehe oder ob ich mit einer relativ langen Verschlusszeit und offenere Blende zurecht komme. Hier entscheide ich auch, ob ich meine Hasselblad oder meine Canon einsetzte.  Die Hasselblad bezeichne ich gerne als meine Diva, da mir das Bildrauschen ab Iso 400 nicht mehr wirklich gefällt und es auch bei einer Belichtungszeit von 1/60stel schon zu Verwacklungen kommen kann. Meine “Bitch”, die EOS 5D Mark III, macht zwar alles mit, aber sind wir ehrlich, sie ist halt keine Mittelformatkamera.

Haartheater von David Weimann

 

Ich gebe noch Anweisungen um die Leute zu positionieren und den Gesichtsausdruck zu bekommen den ich möchte. Das muss nicht immer ein Lächeln sein. Um die Menschen vor der Linse aufzulockern gibt es mehrere Wege die zum Ziel führen. Eine mächtige Waffe ist z.B. die Reflexion. So mache ich oft schon den Lichttest mit den Leuten und zeige Ihnen dann, bevor wir wirklich los legen, ein paar Bilder auf dem Monitor und erkläre Ihnen, dass das die Richtung ist in die wir gehen. So bekommt mein Gegenüber eine Vorstellung meiner Vision und das gibt ihm eine gewisse Selbstsicherheit.

Suderman Bar von David Weimann

 

Recherche über die Personen und deren Arbeit sind ebenfalls enorm hilfreich. Zum einen habe ich direkt eine Gesprächsgrundlage, zum anderen kann ich deren Bedürfnisse besser verstehen. Auch das nimmt viel Unsicherheit. So kann ich zum Beispiel bei den Winzern gut damit Punkten, das meine Frau ebenfalls im gleichen Beruf arbeitet. Ich weiß also, was sie da machen und weiß, was auf einem Foto interessant ist. Somit überträgt sich meine Sicherheit auf mein Gegenüber. Aber auch im Vorfeld kann man schon einiges machen. Auch hier wieder das Beispiel Winzer. Hier könnte die Sorge sein: Was mach ich wenn es regnet? Hier kann ich dann erklären, dass man das Shooting zeitlich erstmal auf eine bestimmt Woche einkreist und den genauen Termin telefonisch abspricht, wenn man genaue Wetterdaten hat.

Wartesaal am Dom von David Weimann

 

Meiner Erfahrung nach hat ein gutes Portrait etwas mit Selbstsicherheit zu tun. Wenn ich weiß, was ich tue, bekommt auch die Person vor der Linse ein gutes Gefühl und öffnet sich für mich. Ob ich das humorvoll, spielerisch oder sachlich und konzentriert rüber bringe, ist dabei eine Typfrage. Viele Wege führen nach Rom und jeder gute Fotograf hat seine eignen Tricks und Mittel, denke ich. Ein Allgemeinrezept gibt es da nicht. So macht es Marco Grob z.B. so, dass er fast gar nicht mit den Leuten redet und dennoch brillante Ergebnisse erzielt, wohin gegen Platon sich viel Zeit nimmt und viel mit den Menschen spricht, bevor er auf den Auslöser drückt. Ich selbst wandle irgendwo auf einem Mittelpfad zwischen diesen Ansätzen. Wobei ich eher zu der Vorgehensweise von Marco Grob tendiere, da ich von meiner Persönlichkeit her eher introvertiert bin.

Johannes Linxweiler von David Weimann

 

Meist dauert der gesamte Shoot nur 2-3 Stunden. Was natürlich vor allem meine Kunden freut, weil ich schnell zu guten Ergebnissen komme und sie sich wieder ihren eigentlichen Aufgaben widmen können. Ich hoffe ich konnte hier einen kleinen Einblick in das Thema Environmental Portrait geben und bedanke mich für das Lesen.

 

Mehr von David gibt es auf seiner Webseite www.davidweimann.com.

Titelbild: Graf von Schönborn von David Weimann

18.11.2018

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One comment

  • Pippilotta 18.11.2018   Reply →

    Sehr schöner Einblick und klasse Fotos, danke dafür!

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