Herzlich willkommen, Nikon Z!

Nikon hat es tatsächlich getan, sie haben ein neues spiegellosen Vollformat-System vorgestellt. Mit dem Z-Mount führen sie nach 60 Jahren erstmals ein neues Bajonett ein. Damit beginnt eine neue Ära für Nikon-Fotografen. Aber was ist von dem neuen System zu halten und wie positioniert es sich gegen Sony’s Alpha 7 Kameras?

Was bisher geschah

Die Vorstellung fand am 23.08.2018 statt, dem 101. Geburtstag der Marke Nikon. Die letzten 60 Jahre haben Nikon-Kameras das F-Bajonett verwendet; Nikon hat immer daran festgehalten. Bei Canon gab es früher das FD-Bajonett, dieses wurde 1987 durch das EF-Bajonett abgelöst. Mit dem Wechsel wurden praktisch alle vorhandenen Objektive für zukünftige Kameras ungeeignet bzw. wertlos. Im Jahr 2006 hat Sony das A-Bajonett von Konica-Minolta übernommen. Schließlich hat Sony im Jahr 2010 die ersten Kameras mit E-Bajonett vorgestellt; dieses Bajonett ist mit seinem kurzen Auflagemaß für Mirrorless-Kameras ausgelegt. Mit der Sony Alpha 7 erschien die erste Vollformat-Mirrorless-Kamera im Jahr 2013. Canon hat seit 2012 mit der Bezeichnung EF-M auch ein Mirrorless-Bajonett, jedoch werden bisher nur einige wenige APS-C-Kameras angeboten. Nikon hatte von 2011 bis 2017 das “Nikon 1″ Mirrorless-System im Angebot; es hatte nur einen kleinen 1”-Sensor und wurde wegen Erfolglosigkeit eingestellt. Nun folgt der Auftritt von “Nikon Z”.

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Nikon Z Bajonett

Das neue Bajonett nennt sich Nikon Z. Es hat ein sehr kurzes Auflagemaß von 16mm und ist damit sogar noch etwas kürzer als Sony E mit 18mm. Auffällig ist der relativ große Bajonettdurchmesser. Während das F-Bajonett einen Durchmesser von 44mm hat, kommt das neue Nikon Z-Bajonett mit 55mm Durchmesser. Angeblich ermöglicht das Objektive mit hoher Lichtstärke. Allerdings gibt es für Sony’s E-Bajonett (46mm Durchmesser) durchaus Objektive wie das Mitakon 50/0.95, die sich problemlos nutzen lassen. Insofern kann ich dem Argument nicht ganz folgen. Wie auch immer, Nikon bietet zusammen mit der Kamera auch den FTZ-Adapter an, mit dem sich F-Objektive an der Z-Kamera nutzen lassen; dabei soll es keine Einschränkungen im Funktionsumfang geben.

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Nikon Z Kameras

Es wird anfangs zwei Kameras geben, Nikon Z6 und Z7. Zuerst erscheint die Z7 mit 45 Megapixel und ISO 64-25600 (erweitert 102400). Ein paar Wochen später folgt die Z6 mit 24 Megapixel und ISO 100-51200 (erweitert 204800). Beide Kameras verfügen über das gleiche Gehäuse. Nikon hat Wert auf eine gute Haptik gelegt; es gibt einen ausgeformten Handgriff und ähnlichen Tasten wie bei den DSLRs. Die Z6 und Z7 sollen über das gleiche Weathersealing wie die professionellen DSLRs (z.B. D850) verfügen.

Neu hingegen ist ein Sensor-Stabilisator; dieser stabilisiert das Bild in 5 Achsen und soll 5 Blendenstufen Stabilisierung bringen. Diesen Wert halte ich für etwas sehr optimistisch, z.B. wären das bei 30mm Brennweite eine ganze Sekunde Belichtungszeit. Bei längeren Brennweiten kann der Sensor-Stabi systembedingt nicht ganz so wirkungsstark sein wie bei kürzeren Brennweiten, hier ist eine Kombination aus Objektiv-Stabi und Sensor-Stabi am besten.

Die Kameras haben ein kleines Top-Display, welches recht kontraststark wesentliche Aufnahmeparameter anzeigt. Der elektronische Sucher bietet eine Auflösung von 3,7M Bildpunkten (1280×960 Pixel) mit 0,8facher Vergrößerung. Zum Vergleich: der Sucher der Sony A7RIII hat genau die gleiche Auflösung mit 0,78facher Vergrößerung. Die Kameras haben leider keinen eingebauten Blitz. Erstmals hat Nikon kein proprietäres WLAN mit Snapbridge-Zwang sondern ein richtiges WLAN eingebaut, was man auch mit anderen Apps nutzen kann.

Etwas ungewöhnlich ist die Wahl des Speicherkartenformats. Die Kameras haben einen XQD-Slot. Das XQD-Speicherkartenformat mag modern sein, aber es ist auch recht exotisch. Ich finde es ziemlich schade, dass man keinen SD-Slot eingebaut hat. Ich meine, mein Laptop und mein iMac haben einen SD-Slot, der Fernseher auch und per SD-Adapter kann ich Bilder aufs iPad importieren… all das ist mit XQD eher nicht möglich und man muss erstmal einen entsprechenden Cardreader suchen. Außerdem bekomme ich eine ordentliche 64GB SD-Karte für 30 Euro, während eine 64GB XQD-Karte 150 Euro kostet! Das bringt uns zum Thema Preise.

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Selbstbewusste Preisgestaltung

Die Preise der Nikon Z Kameras orientieren sich an den Sony Kameras (A7RIII 3299 Euro, A7III 2299 Euro). Die Nikon Z7 kostet mit FTZ-Adapter 3849 Euro, mit 24-70/4 sind es 4299 Euro. Die Nikon Z6 kostet mit FTZ-Adapter 2449 Euro, mit 24-70/4 sind es 2899 Euro. Der FTZ-Adapter kostet einzeln 299 Euro, während das 24-70/4 allein 1099 Euro kostet. Das 35/1.8 wird mit einem Preis von 949 Euro an den Start gehen und das 50/1.8 kostet 679 Euro. Das sind zwar keine abgehobenen Leica-Preise, aber dennoch ist das eine ziemlich selbstbewusste Preisgestaltung, finde ich. Insbesondere die Preise für die beiden 1.8er Festbrennweiten erscheinen mir recht sportlich. Schauen wir uns nun die Objektive etwas näher an.

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Nikon Z Objektive

Ich kann mir nicht helfen, ich finde das Nikon Z 50/1.8 ganz schön groß. Ehrlich gesagt hätte ich bei dieser Größe eher Lichtstärke 1.4 erwartet. Das es auch kleiner geht, zeigen die beiden 1.8er Objektive von Sony. Gerade bei einem Mirrorless-System kommt es doch auf Kompaktheit an, finde ich. Für Nikon scheint das nicht unbedingt der Schwerpunkt zu sein. Immerhin haben sie das 24-70/4 relativ kompakt hinbekommen, schließlich muss dieses Objektiv erstmal herhalten, bis weitere Objektive nach und nach mit der Zeit erscheinen. Auf der Roadmap für nächstes Jahr steht ein 24-70/2.8, was natürlich ein ganzes Stück größer sein wird; zudem bekommt es auch ein kleines Display. Ich halte nicht viel von Displays am Objektiv, da sie eher schlecht ablesbar sind. Ich lasse mir lieber die Info im Sucher einblenden.

Jedenfalls steht auf der Roadmap noch ein 50/0.95, das bei manchen für einige Begeisterung sorgt. Ich vermute die Begeisterung wird sich in Grenzen halten, weil es ca. 6000 Euro kosten und nur manuellen Fokus haben wird. Da kaufe ich mir lieber für meine Sony ein Mitakon 50/0.95, was es für 750 Euro gibt. Was bei mir eher Begeisterung auslöst, ist das Nikon Z 14-30/4. Den Zoombereich finde ich toll, gerade für die Landschaftsfotografie, und die Abmessungen sehen auch brauchbar aus. Wenn der Filterdurchmesser 77mm betragen sollte (beim Mockup leider nicht zu erkennen) und der Preis im Rahmen ist, wird das sicher ein Renner.

Ansonsten stehen auf der Roadmap noch 1.8er Festbrennweiten mit 20/24/85mm, ein 14-24/2.8 sowie ein 70-200/2.8 und schließlich ein 50/1.2. Damit wird Nikon bis ins Jahr 2020 beschäftigt sein, schließlich starten sie frisch in ein neues System. Was ich schmerzlich vermisse ist ein Reisezoom; ich finde ein 24-70 ist einfach zu kurz. Ein 24-120 oder 28-200 wären toll. Außer dem vermutlich großen und schweren 70-200/2.8 ist auch kein anderes Tele in Sicht. Außerdem sehe ich nichts von einem Pancake oder einem sehr kompakten Objektiv, was sicher viele interessant fänden. Zudem wird Nikon leider die elektronischen Spezifikationen des Z-Mount nicht veröffentlichen, sodass Objektiv-Dritthersteller reverse-engineeren müssen. Hier hat Sony klar die Nase vorne mit einem deutlich größeren Angebot und mit offenen Spezifikationen für das E-Mount.

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Datenblatt vs. Praxiseinsatz

Die Angaben in der Pressemitteilung oder im Datenblatt sind das Eine, die praktischen Erfahrungen beim Benutzen der Kamera im Alltag sind das Andere. An ein paar Stellen tue ich mich etwas schwer mit dem Datenblatt. So steht dort z.B. dass die Nikon Z7 Fotos mit 9fps macht. Tatsächlich macht sie das aber nur mit zusätzlichen Batteriegriff und ohne nachführender Belichtungsmessung. In der Realität sind es dann 5,5fps. Außerdem fasst der Pufferspeicher nur 22 Raws (in 12 Bit, bei 14 Bit sind es noch etwas weniger). Das entspricht 2,5 Sekunden Dauerfeuer. Zum Vergleich: die Sony A7RIII puffert gut 70 Raws, hält also gut 7 Sekunden Dauerfeuer durch.

Die Autofokus-Empfindlichkeit der Nikon Z7 liegt auch nicht wirklich bei -4EV. Dieser Rekordwert wird nur in einem speziellen Modus erreicht; die tatsächliche AF-Empfindlichkeit beträgt -1EV, was ziemlich mies ist. Ich habe die Kamera noch nicht benutzt, aber ich würde unter kritischen Bedingungen nicht die AF-Leistung einer D850 erwarten.

Positiv finde ich, dass Nikon der Z7 direkt einen großen Akku spendiert. Etwas erschreckend ist jedoch, dass dieser nur für 330 Bilder durchhält (nach CIPA-Standard). Sony hatte anfangs ja auch Probleme mit der Akkulaufzeit, aber das war, weil sie kleinere Akkus eingebaut hatten. In der A7III gibt es nun einen größeren Akku und der hält 650 Bilder durch (nach CIPA-Standard). Die Nikon Z7 scheint also sehr stromhungrig zu sein.

Die Praxis wird zeigen, wie sich die Nikon Z7 bewährt. Wie gesagt, habe ich bei der AF-Leistung in kritischen Situationen etwas Bedenken. Dazu trägt auch bei, dass die Kamera bis Blende 5.6 nicht mit Offenblende sondern mit Arbeitsblende fokussiert. Auch das hat Sony besser gelöst, denn hier wird mit Offenblende fokussiert. Außerdem hat Nikon keinen Eye-AF, sondern nur eine Gesichtserkennung. Aber man muss auch bedenken, dass Sony in der dritten Generation von Vollformat-Mirrorless-Kameras ist und Nikon gerade frisch mit der ersten Generation startet. Hier gibt es sicher noch Optimierungsbedarf.

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Fazit

Die Nikon Z6 und Z7 sind die erste Generation von Nikons neuen Mirrorless-Kameras. Sie scheinen ein ganz guter Wurf zu sein, aber können auch nicht aus dem Stand die Sony Kameras der dritten Generation erreichen. Sie scheinen in einigen Punkten eher eine Generation hinterher zu hinken. Das äußert sich beim AF, aber auch bei der Puffergeschwindigkeit und beim Stromverbrauch.

Dennoch ist es für Nikon-User toll, dass es nun ein ernsthaftes Mirrorless-System mit Vollformat gibt. Hier kommt dem FTZ-Adapter eine ganz wichtige Rolle zu, denn mit ihm lassen sich hunderte von F-Objektiven auch an den neuen Z-Kameras nutzen (allerdings kein AF-Stangenantrieb). Nikon-Fotografen werden sich freuen nun auch die üblichen Mirrorless-Funktionen nutzen zu können wie Silent Shooting, AF Peaking, Video mit Nachführ-AF usw. Sicher hätte man noch mehr machen können wie z.B. ein Display, was auch seitlich ausklappbar ist, oder beleuchtete Tasten wie bei der D5, aber die beiden Kameras sind ein ordentlicher Start ins neue System.

Ich finde es toll, dass es nun erstmals eine Konkurrenz zu den Sony A7 Kameras gibt. Das wird den Markt enorm beleben und der Kunde wird profitieren. Nikon wird aber etwas Anlaufzeit benötigen, bis die neuen Objektive in vernünftigen Stückzahlen verfügbar sind und erste Firmware-Optimierungen greifen. Ich wünsche dem Nikon Z System einen guten Start!

Videos

Immer noch nicht genug vom neuen Nikon Z System? Dann habe ich hier ein paar weiterführende Videos für dich rausgesucht.

Kai W hat die neue Nikon Z7 in Tokio beim Launch-Event ausprobiert.

Gunther W (von Fotoschnack) war auch in Tokio und beschreibt seine Eindrücke.

Die Jungs (und Mädels) von DPReview haben die Kamera in Seattle ausprobiert.

28.08.2018

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2 comments

  • Burkhard 28.08.2018   Reply →

    Hallo Martin,

    dein Fazit trifft es!

    >> Was ich schmerzlich vermisse ist ein Reisezoom;
    >> ich finde ein 24-70 ist einfach zu kurz.
    >> Ein 24-120 oder 28-200 wären toll.

    Nur würde das dann entweder optisch unbefriedigend oder zu groß und zu schwer. Sonys 24-105 finde ich an der A7RII schon unangenehm schwer und kopflastig. Dann lieber ein gutes und kleines 24/28-70 (das Sony leider nicht in guter Qualität anbietet), bei 40 MP kann ich zur Not auch croppen. Dazu passt auch eine Festbrennweite mehr ins Gepäck.

    Oder für Urlaubsreisen auch richtig leicht mit einer RX100, in der neusten Version sogar mit scharfem Schönwetter-Reisezoom 24-200 (äquivalent).

    Gruß,
    Burkhard

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