Keep it simple, oder vom Spaß beim Fotografieren

Fotografieren soll Spaß machen und keine Technikschlacht sein. Nimmt man eine aktuelle DSLR in die Hand, sehen die Menüeinstellungen aber nicht gerade nach Spaß aus. Auch der Workflow am Rechner kann frustrieren, von den Möglichkeiten in Photoshop ganz zu schweigen. Hier kommt mein Rezept um den Überblick zu behalten, damit man sich auf die Fotos und nicht auf die Technik konzentriert.

Das Menü einer aktuellen DSLR ist ziemlich umfangreich. Unzählige Einstellungsmöglichkeiten gibt es da. Dazu kommen noch diverse Schalter, Räder und Knöpfe an der Kamera. Grundsätzlich sieht es bei Canon und Nikon ähnlich aus, allerdings gibt es bei Nikon mehr Optionen und Einstellungen. Für mich war die Kamerabedienung mit ein Grund von der Nikon D700 zur Canon 6D zu wechseln. Während es an der D700 diverse Schalter gibt (richtig schlimm finde ich das bei der Nikon Df), ist die Canon 6D da übersichtlicher und einfacher gestrickt.

Von Blende und Belichtungszeit

Von den ganzen Modi, die so eine Kamera anbietet, benutze ich eigentlich nur zwei: Av = Aperture value = Blendenvorwahl oder eben M = Manual = Manuell. Den Rest kann man eigentlich vergessen, insbesondere sowas wie ‘Auto+’ oder irgendwelche Szenenmodi. Ich wähle also Av und dann stelle ich beim Fotografieren am vorderen Wahlrad der Kamera die Blende ein. Die Kamera macht dann die Belichtungsmessung und je nach dem, ob es ein helles oder dunkles Motiv ist, stelle ich am hinteren Wahlrad die Belichtungskorrektur ein. Dann wird abgedrückt, fertig. Ziemlich hilfreich finde ich dabei die Auto-ISO-Funktion, die mir den passenden ISO-Wert liefert. Manche mögen den ISO-Wert lieber manuell einstellen, dann gilt es die Belichtungszeit im Auge zu behalten. Ist ja auch nicht so das Problem, wird ja im Sucher angezeigt.

Die Sache mit dem Autofokus

Für viel Frust kann der Autofokus sorgen, den sollte man im Griff haben. Leider ist das gar nicht so einfach. Wichtigste Regel: sag der Kamera, wo sie scharfstellen soll; überlasse die Wahl des AF-Feldes keinesfalls der Kamera. Ich mache das so, dass ich das mittlere AF-Feld auswähle, denn das ist am leistungsfähigsten. Allerdings ist es oft so, dass das Motiv nicht in der Bildmitte ist. Also drücke ich den Auslöser halb zum Scharfstellen, dann verschwenke ich die Kamera um das Motiv richtig ins Bild zu rücken und drücke den Auslöser ganz um das Bild aufzunehmen. Ich komme damit sehr gut zurecht, allerdings fotografiere ich weniger Sport und Action. Aber mal ehrlich, für 90% aller Fälle reicht das völlig. Nur für die wenigen Fällen, wo es um Action, Motivverfolgung und Serienbildaufnahmen geht, da sieht es etwas anders aus. Dann geht es darum, wieviele AF-Felder die Kamera außerhalb der Mitte hat, ob das Kreuzsensoren sind usw. Das muss jeder selbst entscheiden, ob er deswegen eine teure Kamera kaufen will. Ich habe solche Kameras gehabt (Canon 1DsIII, Nikon D700) und die ganzen AF-Felder kaum gebraucht. Meine jetzige Kamera (Canon 6D) hat nur ein gutes AF-Feld in der Mitte und ich vermisse so einen hochentwickelten komplizierten Autofokus nicht unbedingt. Der Vorteil beim einfach-nur-den-mittleren-AF-Punkt-benutzen ist auch, dass man genau weiß, was die Kamera macht und das auch bei sehr ungünstigen Lichtverhältnissen noch gut funktioniert.

Raw, die Rohdaten

Ich fotografiere in Raw, kein Jpg. Denn ich möchte nach der Aufnahme bestimmen, ob das Bild viel oder wenig Kontrast haben soll (z.B. Porträt vs. Landschaft) und die ganzen anderen Entwicklungseinstellungen. Ein Jpg aus der Kamera ist da nur hinderlich, störend, und hat eigentlich immer die falschen Einstellungen. Also erstelle ich in der Kamera nur Raws. Das hat auch einen enormen Vorteil für die Kamerabedienung: unzählige Kameraeinstellungen sind damit hinfällig, interessieren nicht, werden nicht benötigt. Denn große Teile des Kameramenüs beschäftigen sich damit, wie die Kamera ein Bild als Jpg erstellen soll. Das kann man getrost alles vergessen. Szenenprogramme, Picture Styles, Vignettierungskorrektur, In-Camera-HDR, Rauschreduzierung, all das kann man deaktivieren und vergessen. Ehrlich, das alles kann eine Software wie Lightroom wesentlich besser als ein Chip in der Kamera. Selbst der Weißabgleich in der Kamera wird damit unwichtig; tatsächlich lasse ich den fast immer auf Auto-WB stehen und kümmere mich erst am Rechner darum.

Fertige Bilder unterwegs

Mit der Kamera nur Raw zu fotografieren bedeutet auch, dass man erstmal keine fertigen Bilder hat. Aber wie bekomme ich nun auf die Schnelle fertige Bilder unterwegs z.B. um ein Urlaubsfoto per Email zu verschicken? Dazu benutze ich die Camera Connect App, damit kann ich auf dem iPhone die Bilder auf der Kamera sichten und diese als Jpg runterladen. Zur schnellen und guten Bildbearbeitung auf dem iPhone (oder iPad) benutze ich dann Snapseed. Das fertige Bild kann ich dann direkt hochladen oder versenden.

Fertige Bilder zuhause

Für die Bildbearbeitung zuhause am Rechner gebe ich mir mehr Mühe, aber auch das soll kein stundenlanger Prozess mit sieben Siegeln sein. Das ist einer der Gründe warum ich nicht Photoshop sondern Lightroom benutze. Photoshop ist ein mächtiges Tool, aber auch unheimlich kompliziert mit unzähligen Funktionen. Aus der Arbeit mit Ebenen und Masken kann man eine Wissenschaft machen. Deutlich einfacher und übersichtlicher ist das alles in Lightroom, wo man mit Verlauf und Korrekturpinsel effektive Bildkorrekturen vornehmen kann. Mal eben etwas Dodge&Burn geht in Lightroom einfach besser als in Photoshop. Außerdem arbeitet man in Lightroom direkt an der Raw-Datei und kann alle Anpassungen jederzeit verändern. In Photoshop hantiert man eher mit verschieden Tif- und Psd-Dateien und manche Anpassungen lassen sich hinterher nicht mehr ändern.

Fazit

Das waren meine Tipps nach dem Motto ‘Keep It Simple’. Selbstverständlich mag das bei jedem anders aussehen. Aber das ist meine Herangehensweise und diese Vereinfachungen tragen dazu bei, dass ich mich weniger mit technischen Details und Einstellungen herumschlagen muss, sondern mich mehr mit Bildgestaltung und Bildwirkung beschäftigen kann. Außerdem kann das meiner Meinung nach auch dem Einsteiger helfen, der von den Möglichkeiten erschlagen wird und sich nicht mehr zurechtfindet. Weniger Technik, mehr Spaß an der Fotografie – so sollte es sein!

Mehr Lesestoff

Dieser Artikel geht freilich auf die einzelnen Themen nur etwas oberflächlich ein. Zu jedem der Punkte ließen sich viele Seiten schreiben. Als erweiterte Lektüre kann ich nur die fundierte und zeitlose Seite von Andreas Hurni empfehlen.

02.08.2015

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